Die Menschen sind die einzigen Geschöpfe, die essen auch wenn sie keinen Hunger haben. Im Allgemeinen leben sie um zu essen und essen nicht, um zu leben. Wenn wir für den Gaumengenuss essen, überessen wir uns und leiden an Verdauungsstörungen, die unser System aus dem Gleichgewicht bringen. Der Yogi  glaubt an Harmonie und isst deshalb nur zur Erhaltung seines Lebens. Er isst nicht zu viel noch zu wenig. Er betrachtet seinen Körper als Herberge seines Geistes und bewahrt sich vor zu großer Verwöhnung.

Der Charakter wird durch die Art der Nahrung, die wir zu uns nehmen, und durch die Weise, wie wir sie essen, geformt.

Ein Yogi füllt die Hälfte seines Magens mit Nahrung, ein Viertel mit Wasser und ein Viertel bleibt leer. Iss so viel, dass du satt bist, aber nicht so viel, dass du dich träge und schwer fühlst. Dies entspricht damit den Erkenntnissen der modernen Ernährungswissenschaften.Es gibt keine besonderen Ernähungsvorschriften für jemanden, der mit Asanas beginnt. Nach einer Zeit der Übung wir sich ganz automatisch das Verlangen nach natürlicher Nahrung in der richtigen Menge einstellen. Man muss nicht unbedingt Vegetarier werden, dringst man jedoch zu den höheren Stufen vor, wird vegetarische Ernähung notwenig.

 

Ungünstige Nahrung
Da das Üben uns sehr stark energetisieren kann, ist es sinnvoll, wenn wir Nahrungs- und Genussmittel meiden, die uns noch zusätzlich aufputschen, wie etwa scharfe Gewürze, Kaffee und Tee.
Die Texte empfehlen außerdem, Zwiebeln und Knoblauch zu meiden, da deren Bestandteile und ätherisch Öle bei vielen Menschen so intensiv auf den Kreislauf einwirken, dass sich nicht mehr genau unterscheiden lässt, wie die Übung und wie die Nahrung gewirkt hat.
Nur weniges gilt als wirklich ungesund: Nahrungsmittel, die zu viel Säure, Salz oder Pfeffer enthalten, und solche, die nicht mehr frisch oder verdorben sind.

In der Hathayogapradipka steht geschrieben: Unpassende Speise nennt man: Beißendes, Saures, Scharfes, Salziges, Heisses, Saures, Reisschleim, Sesamöl, Sesam, Senf, berauschende Getränke, Fische, Fleischsorten wie z.B. Ziegenfleisch, geronnene Milch, Buttermilch

Pro und Kontra Fleisch
Ob man vegetarisch isst oder nicht, ist eine persönliche Angelegenheit, die von unserer Tradition und den Gewohnheiten unseres Landes sowie der Erziehung beeinflusst wird.
Interessanterweise findet sich kein ausdrückliches Verbot, Fleisch zu essen, Fleischgenuss und Yoga schließen sich gerade im Tantrismus nicht grundsätzlich aus. Der Grundlagentext Hathapradipika jedoch sagt, dass Fleisch und Fisch als Nahrung für Yogis unpassend sind.
Diese Einschätzung kann verschiede Gründe haben. Fleisch liegt schwerer als Gemüse im Magen und fordert viel mehr Energie für die Verdauung. Es verschiebt den Säure-Basen-Haushalt des Körpers zum Sauren hin. Nicht zuletzt kommen ethische Fragen ins Spiel, zumindest die, ob wir wirklich den Wahnsinn der „Fleischproduktion“ unterstützten wollen. Deshalb sollten wir zumindest auf kontrollierte Aufzucht achten, und wir sollten Fleisch in Massen und in Dankbarkeit gegenüber dem Wesen essen, das uns sein Leben zur Verfügung stellt. Und vergessen wir nicht: Der Mensch kann nicht gesünder sein als die Produkte, die er isst! Leben kann sich nur  vom Lebendigen – nicht vom Toten – erhalten.

Nährendes und Süßes …
Als geeignet benennt der Text Getreide, Milch frische und geklärte Butter (das indisch Ghee), braunen Zucker, Honig, Ingwer und diverse Gemüse. Gerne lesen wir: „Nährendes und Süßes, gemischt mit zerlassener Butter und Milch, dies fördert die Körpersäfte und ist für Yogis angenehm“. Bezogen auf unseren Lebensraum wird uns damit eine laktovegetarisch Ernährung empfohlen, die das Bedürfnis nach Süßem berücksichtigt. Wenn wir intensiv die Atemtechniken des Yoga (Pranayama) üben, sollten wir zu Beginn vermehrt Milch und Butter essen, denn diese Übungen bewirken erst einmal einigen Aufruhr im Nervensystem und regen sehr stark an. Milch und Butter helfen dann, den Organismus wieder abzukühlen und zu beruhigen. Nach einer Weile gewöhnt sich der Körper an das Üben, und man kann zu einer weniger kalorienreichen Ernährung zurückkehren.

Ausgewogen und Maßvoll – Mitahara
Wenn wir uns mit Yoga beschäftigen, wird immer deutlicher, dass wir damit Ausgleich und Harmonie anstreben. Wir werden uns bewusst, was wir in unserem Leben zu stark betonen und welchen Dingen wir zu wenig Raum gewährt haben. Wir erfahren an Körper, Seele und Geist, dass es uns gut tut, in allem ausgewogen zu sein.

Ernährung für Yogis heißt folglich nichts anderes als eine ausgewogene Ernährung, die uns wohl tut und gut bekommt. Ausgewogen heißt aber auch, weder zu viel noch zu wenig zu essen.